
Ein Meer von bunten Sonnenschirmen. Südostasiatische Düfte wabern über das sonnige Gelände. Es ist eine eigenartige Szenerie im Preußenpark in Berlin Wilmersdorf. Die Grünanlage bzw. das Grasland in deren Zentrum heißt bei den Berlinern schon lange „die Thaiwiese“. In alternativen Reiseführern wird sie als solche angepriesen, ebenso auf der Tourenplanungsapp von „komoot“.
Sauber arrangiert in parallelen Reihen haben auf der Wiese thailändische und vietnamesische Frauen, manchmal ganze Familien, improvisierte Essensstände aufgebaut.
Was vor fast 20 Jahren als gemeinsame Picknickaktivität von Menschen aus Südostasien begann, ist mittlerweile eine semilegale Open-Air Veranstaltung. Wegen des exotischen Ambientes wurden die Berliner neugierig und begannen hier und da zu probieren: gedämpfte Teigtaschen, bunte Cocktails leckere Hühnerspieße mit scharfer Soße, dampfende Suppen, die ganze Palette südostasiatischer Köstlichkeiten.
Daraus haben sich vermutlich ungeplant mehr oder weniger intensive Verkaufsaktivitäten entwickelt. An schönen Sommertagen ist der Park voll von Besuchern. Sie flanieren zwischen den improvisierten Ständen. Das Gras der Wiese dazwischen ist niedergetrampelt, bzw. es wächst keines mehr. Wenn der Park leer ist, sieht man genau, wo sonst die Verkaufsstände aufgebaut sind.
Von einer Selbstversorger-Picknickveranstaltung hat sich der Schwerpunkt eindeutig in Richtung Herstellung und Verkauf entwickelt. Und jetzt wird es verzwickt. In der Berliner Morgenpost vom 02.09.2016 kommt der Charlottenburg-Wilmersdorfer Stadtrat Marc Schulte zu Wort: „Der Preußenpark steht für Vielfalt, die Community dort fühlt sich wohl, das ist schön. Die Nachteile sind jedoch, dass der gewerbliche Handel nicht erlaubt ist, keine Steuern abgeführt werden und die hygienischen Zustände nur schwer überprüfbar sind.“ Und etwas weiter: „Wir sind in einem Zwiespalt. Orte, die einen anarchischen Charme haben, sind die spannenden. Aber man muss sich als Kunde bewusst sein, dass man etwas Vorschub leistet, dass man politisch nicht gutheißt.“
Das Dilemma des Stadtrats hinsichtlich lokaler Akzeptanz und hygienischen Unzulänglichkeiten ist durchaus nachvollziehbar. Ob es Konsequenzen haben wird, bleibt abzuwarten. Denn die Aktivitäten sind ein weiterer Beweis für das bunte, weltoffene Berlin, dass am liebsten nicht durch behördliche Auflagen oder Gängelei in seinem Treiben gestört werden möchte. Und die Bürger akzeptieren und schätzen das bunte friedliche Treiben.
Neben dem pittoresk-exotischen Flair existieren jedoch andere Aktivitäten, die keineswegs akzeptabel sind. Im Klartext: auf der Thaiwiese wird gezockt. Und darüber berichtete bereits die TAZ am 29.06.2013 „Nur vor den Kartenspielern und vor den Kartenspielerinnen, berichtet Jay, vor denen solle man sich hüten. "Die ziehen dich schnell über den Tisch", sagt er. Und legt dann den Kopf nach hinten und lacht.“
Wie sieht es heute aus? An einem Stand erkennt man zwischen den Behältern mit vorbereiteten Speisen erst auf den zweiten Blick, dass auf einer Holzplatte mit breitem Filzstift Setzfelder aufgemalt sind. Ein Asiate mittleren Alters klappert mit einer Hand mit einem Würfelbecher, mit der anderen macht er einladende Gesten in der Hoffnung, dass sich Interessierte auf ein Spielchen einlassen. Vermutlich hat der Veranstalter einen „Haus“vorteil. Leider lehnt er es kategorisch ab, die improvisierte Spielapparatur fotografieren zu lassen.
Ein Pokertisch muss nicht zwingend mit dunklem Tuch bespannt sein und eine Armpolsterung haben. Anspruchslose sind mit einer simplen Spanplatte auf ein paar Bierkisten zufrieden. Auf weiteren Bierkisten sitzen fünf Spieler rund um die Platte. Ein Asiate an der Längsseite des Tisches nimmt verstohlen einen Geldschein an, der blitzschnell in seiner Tasche verschwindet. Dafür übergibt er einen Stapel billiger Pokerchips ohne Wertaufdruck.
An dem improvisierten Spieltisch findet eindeutig eine Partie Texas Hold’em statt. Die Spieler erhalten je zwei verdeckte Karten und die Partien entwickeln sich in der allseits bekannten Weise. Und der Kartengeber zieht Rake ab, auch diese Bewegungen erfolgen blitzschnell, man sieht es kaum. Wer dort länger verweilt, wird zunächst verstohlen gemustert, dann wird ein Platz angeboten. „Wir spielen klein, nur 1/1“, heißt es.
Auch hier ist es undenkbar, Fotos zu schießen. Schon 2012 hieß es im Berliner „Tagesspiegel“ „Die Leute haben wirklich Angst vor der Schließung des Parks, sobald irgendetwas auf Kontrolleure oder Presse hinweist, sind sie sofort abweisend und sehr skeptisch.“
Ob den Behörden diese Aktivitäten auch bekannt sind? Auch wenn die Grauzone der Imbissstände geduldet ist, bei der Zockerei handelt es sich um Straftaten.
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